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Mauerstetten, 17.08.2021

Zuverlässiger Schutz für schweres Gerät

Sicherheitskupplungen schützen Tunnelbohrmaschinen beim Bau des Thames Tideway Tunnel
Zuverlässiger Schutz für schweres Gerät

Abwasser ist für alle Metropolen eine Herausforderung – so auch für London. Als Investition in die Zukunft bohrt die Stadt seit 2016 den „Thames Tideway Tunnel“, eine neue Röhre für das Kanalsystem. Dabei sind große Tunnelbohrmaschinen im Einsatz, zum Beispiel eine namens Ursula. Die EAS®-HT Sicherheitskupplungen von mayr® Antriebstechnik schützen Ursula zuverlässig vor Überlastschäden – ein Risiko das beim Bohren im Gestein allgegenwärtig ist.

 In einer Wand in einem Tunnel unterhalb der Millionenmetropole London öffnet sich, genau in der Mitte, ein Loch. Unter gewaltigem Dröhnen wird es größer, Gestein rieselt und schließlich bricht die Wand komplett in sich zusammen. Was bedrohlich klingt, ist ein großer Erfolg: Tunnelbohrmaschine Ursula hatte Ende 2020 ihr Ziel erreicht und nach nach 7,6 km den Durchbruch eines Tunnels beim „Thames Tideway Tunnel“-Projekt in London geschafft. Wie beim Tunnelbau üblich knallten die Korken. Der Tunnel, in London auch „super sewer“ – Super-Abwasserkanal – genannt, hat einen Durchmesser von 7,2 m und wird auf einer Strecke von 25 km in einer Tiefe von 30 bis 65 m hauptsächlich unterhalb der Themse verlaufen. Nach seiner Fertigstellung, die im Jahr 2024 geplant ist, ersetzt er die bestehenden Anlagen. Diese stammen noch aus der viktorianischen Ära Ende des 19. Jahrhunderts und sind inzwischen überlastet. Das Projekt ist in unterschiedliche Abschnitte aufgeteilt, von denen aus der Bau des unterirdischen Haupttunnels mit mehreren Tunnelbohrmaschinen vorangetrieben wird.

Damit solche Projekte planungssicher ablaufen können, müssen die Bohrer zuverlässig arbeiten. Die fahrenden Fabriken arbeiten sich Meter für Meter durch den Untergrund und bewegen dabei gewaltige Massen an Erdreich und Stein. Ein Überlastfall – beispielsweise bedingt durch Ungleichmäßigkeiten im Gestein – darf die gigantischen Bohrer nicht aufhalten. Für diese Sicherheit sorgen bei Ursula Sicherheitskupplungen von mayr® Antriebstechnik. Sobald der Antrieb blockiert wird, beispielsweise, wenn er unerwartet auf härteres Gestein trifft, steigt das Drehmoment im Antriebsstrang an. Erreicht das Drehmoment einen definierten Grenzwert, unterbricht die Sicherheitskupplung die Drehmomentübertragung, Antrieb und Abtrieb sind mechanisch getrennt. Schäden am Motor oder anderen wichtigen Komponenten können dann nicht mehr entstehen. Sobald die Blockade ausgeräumt ist, werden die Kupplungen wieder eingerastet und die Arbeit kann weitergehen.

Bei der Tunnelbohrmaschine Ursula sind die Kupplungen in den Antrieben des Schneidrads (Cutterhead) verbaut. Dieses Bauteil wiegt insgesamt etwa 750 t und wird über mehrere Motoren angetrieben, die in Verbindung mit jeweils einem Getriebe die Antriebseinheiten bilden. Sie sorgen mit extrem hohen Drehmomenten dafür, dass Ursula meterweise Gestein abträgt und sich so vorarbeitet. Die Absicherung jeder Antriebseinheit erfolgt über EAS®-HT Sicherheitskupplungen. „Wenn unsere Sicherheitskupplungen auf der Baustelle ausrasten, dann bei einem definierten und nachvollziehbaren Drehmoment und nur aus dem Grund, um Motor, Getriebe und Antriebsstrang des Bohrkopfes beziehungsweise Schneidrads vor Schäden durch Überlast zu schützen“, erklärt Ralf Epple, Produktmanager bei mayr® Antriebstechnik in Mauerstetten. So werden lange Stillstandszeiten vermieden und die Maschinen können nachhaltig betrieben werden.

Zuverlässiger Schutz bei extrem hohen Drehmomenten

„Bei den freischaltenden EAS®-HT Kupplungen handelt es sich um Elementekupplungen, die ideale Lösungen bei sehr hohen Drehmomenten und Drehzahlen bzw. großen Massenträgheitsmomenten darstellen“, erläutert Epple. Diese Kupplungen basieren auf einzelnen Überlastelementen, die in die Flansche integriert sind. Das erreichbare Drehmoment ergibt sich dabei aus der Vorspannkraft der Elemente multipliziert mit der Anzahl der Elemente und dem Radius, an dem die einzelnen Elemente angeordnet sind. Durch das modulare Konzept lassen sich nicht nur auf den jeweiligen Einsatzfall zugeschnittene Kupplungen bauen, sondern es sind vor allem auch wesentlich höhere Drehmomente als mit einem zentralen Ausrastmechanismus beherrschbar. So bietet mayr® Antriebstechnik Sicherheitskupplungen der EAS®-HT Baureihe im Standard mit einem Drehmoment bis 440.000 Nm an. Damit sind die Möglichkeiten aber noch lange nicht ausgeschöpft: Durch den modularen Aufbau sind nach oben faktisch keine Grenzen gesetzt.

Funktion bei Überlast

Bei den EAS®-HT Sicherheitskupplungen übertragen die einzelnen Überlastelemente das Drehmoment im störungsfreien Betrieb formschlüssig. Im Überlastfall trennen sie An- und Abtrieb schneller als jede Steuerung in weniger als 5 ms nahezu restmomentfrei mit hoher Abschalt- und Wiederholgenauigkeit. Es wirkt nur noch die Reibung der hochwertigen Druckflanschlagerung. Die im System gespeicherte Bewegungsenergie der rotierenden Massen kann frei auslaufen. Die Elementekupplungen können einfach und schnell, nur mit einem Hammer, wieder eingerastet werden. Zusätzliches Werkzeug ist nicht erforderlich. Freischaltkupplungen verkraften nach dem Ansprechen lange Auslaufzeiten des Antriebs. Bei der Definition der zulässigen Auslaufzeit ist nur die robuste Kupplungslagerung zu betrachten. „Unsere Kupplungen sind so ausgelegt, dass gegebenenfalls der Bohrhub mit ausgerasteter Kupplung zu Ende gefahren werden kann“, erklärt Ralf Epple.

Zerstörungsfreier Überlastschutz

Im Gegensatz zu anderen Überlastsystemen, die zum Beispiel mit druckbeaufschlagtem Hydrauliköl oder Brechbolzen arbeiten, sind die EAS®-HT Sicherheitskupplungen nach Beseitigung der Überlastursache sofort wieder betriebsbereit. Sie werden nicht beschädigt und können mehrere hundert Überlastfälle verkraften. Außerdem ist nachvollziehbar, bei welchem Drehmoment die EAS®-HT Kupplungen ausgerastet sind. „Bei anderen Systemen ist sozusagen das ‚Beweismittel‘ nach dem Überlastfall mit vernichtet, und es herrscht Ungewissheit bezüglich des Ausrastmoments“, so Epple weiter. „Außerdem müssen die zerstörten Bauteile nach einer Überlast ausgetauscht werden. Das verursacht Kosten und Anlagenstillstand. Die erforderlichen Komponenten müssen verfügbar sein und zudem ist Fachwissen für die Wiederinbetriebnahme nötig. Es besteht die Gefahr, dass das Drehmoment falsch eingestellt wird. Eine falsch eingestellte Kupplung macht aber keinen Sinn, die Konsequenzen sind, und das nicht nur im Bereich Tunnel- und Bergbau, einfach zu groß.“ Das Sicherheitskonzept darf dabei auch nicht anfällig für Manipulation sein. Das bedeutet, dass bei den EAS®-HT Kupplungen das Drehmoment werkseitig eingestellt wird und nach dem Ausrasten sofort wieder verfügbar ist. Der Sicherheitsaspekt ist nicht von der Wiederinbetriebnahme abhängig. Die Sicherheitskupplungen arbeiten zuverlässig.

Austauschbarkeit und erhöhte Produktivität

Auch im Bereich Größe und Gewicht können die EAS®-HT Sicherheitskupplungen von mayr® Antriebstechnik punkten. „Bei den neuen, kompakten Ausführungen, die speziell für den Tunnelbereich konzipiert und weiterentwickelt wurden, haben wir Gewichtseinsparungen von bis zu 50 Prozent erreicht. Mit diesem Gewicht und den kompakten Außendurchmessern eigenen sie sich ideal als Nachrüstlösung, wenn bestehende Anlagen überarbeitet werden“, ergänzt Ralf Epple. „Wir haben dabei auch den Preis nicht aus den Augen verloren und sind mit unseren Kupplungen z. T. günstiger als andere Lösungen.“

Bevor eine Kupplung das Werk von mayr® Antriebstechnik in Mauerstetten verlässt, wird sie ausführlich getestet und exakt auf den geforderten Wert eingestellt. Dazu verfügt das Unternehmen über vielfältige, moderne Prüfmöglichkeiten und kann auf jahrzehntelange Erfahrung in Entwicklung und Konstruktion zurückgreifen. „Allein in der Branche Tunnel und Bergbau haben wir mittlerweile mehrere tausend Sicherheitskupplungen im Markt im Einsatz und dementsprechend Erfahrung bezüglich der Einstellwerte“, ergänzt Ralf Epple. „Außerdem bekommen wir regelmäßig positive Rückmeldungen von den Betreibern. Gerade auch wenn bestehende Anlagen umgerüstet werden, lässt sich deren Performance mit unseren Kupplungen entscheidend erhöhen. Wir analysieren den Antriebsstrang oft gemeinsam mit unseren Kunden und können, wo erforderlich, auch Sicherheitskupplungen in Verbindung mit schwingungsdämpfenden Systemen anbieten.“

Quelle: Konstruktion 7-8-2021 Seite 16-18

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