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Mauerstetten, 06.08.2024

Not-Halt und Not-Aus: Unterschiede, Richtlinien, Funktionen

Schalter für Not-Halt bzw. Not-Aus

Not-Halt und Not-Aus sind für die Sicherheit von Menschen, Maschinen und Anlagen von entscheidender Bedeutung. Denn die Systeme sind unerlässlich, um außergewöhnliche und nicht vorhersehbare Gefährdungen zu verhindern oder zu begrenzen, häufig gefährliche Bewegungen oder Prozesse anzuhalten und so potenzielle Gefahren zu minimieren. 

Die Maschinenrichtlinie, technische Standards und eine konsequente Umsetzung dieser beiden bilden das Fundament für diese lebenswichtigen Notfall-Einrichtungen. Was es sonst noch zu beiden zu wissen gibt, erfahren Sie hier. 

Was bedeuten Not-Halt und Not-Aus?

Not-Halt und Not-Aus erfüllen im Grunde eine vergleichbare Funktion: Beides sind Notfall-Einrichtungen, die durch Not-Befehlseinrichtungen ausgelöst werden. 

Sie ermöglichen es, in Notsituationen schnell zu reagieren und mechanische und/oder elektrische Gefährdung augenblicklich zu stoppen. In der Industrie kann so die Sicherheit der Mitarbeitenden gewährleistet werden. 

Der Mechanismus funktioniert also so, dass der Bediener das NOT-HALT/AUS-Befehlsgerät durch Druck zum Einrasten bringt. Dadurch wird ein Stromkreis geöffnet und die gewünschte Aktion ausgeführt. Für Anlagen und Maschinen sind solche Schalter gemäß der DIN EN ISO 13850 Vorschrift.

Unterschied: Not-Aus vs. Not-Halt

Durch das Stillsetzen im Notfall (Not-Halt) sollen Gefahren, die durch gefahrbringende Bewegungen hervorgerufen werden, so schnell wie möglich beseitigt werden. Dies erfolgt durch schnelles Stillsetzen der Bewegung oder durch Beseitigung der Gefahrstelle (z. B. durch Stillsetzen und Auseinanderfahren von Einzugswalzen). 

Im Gegensatz dazu bezieht sich das Ausschalten im Notfall (Not-Aus) auf Risiken, die durch elektrische Spannungen verursacht werden. In diesem Fall ist es das Ziel, entweder die gesamte Maschine oder die erforderlichen Teile der elektrischen Maschinenausrüstung ohne Verzögerung von der Versorgungsspannung zu trennen.

Kurz gesagt: Not-Halt-Taster stoppen die Maschine, Not-Aus-Taster die Stromzufuhr.

Die Not-Aus-Funktion findet nur Anwendung, wenn bestimmte elektrische Restgefährdungen vorliegen (z. B. das direkte Berühren von spannungsführenden Teilen nur durch Abstand verhindert wird). 

Voraussetzung ist zudem, dass ein sofortiges Unterbrechen der Energiezufuhr (Stopp-Kategorie 0) zulässig ist. Ein Not-Aus ist somit eher die Ausnahme, da in der Regel Maßnahmen gegen direktes Berühren von spannungsführenden Teilen wie z. B. Isolierungen, Abdeckungen und Gehäuse eingesetzt werden müssen, anstatt den Basisschutz durch Abstand oder Hindernisse zu realisieren. 

In vielen Fällen lassen sich beide Forderungen (Not-Halt und Not-Aus) aus technischen Gründen nicht gleichzeitig optimal umsetzen. Im Rahmen einer Risikobeurteilung muss daher entschieden werden, welche der genannten Gefährdungen höher einzustufen ist. 

Bei den meisten Maschinen kann davon ausgegangen werden, dass elektrische Gefährdungen im Vergleich zu mechanischen Gefährdungen eine untergeordnete Rolle spielen und daher in der Regel Einrichtungen für das Stillsetzen im Notfall vorhanden sein müssen.

Die folgende Grafik erklärt den Unterschied zwischen Not-Halt und Not-Aus noch einmal anschaulich:

Unterschied zwischen Not-Halt und Not-Aus

Bedeutung von Not-Aus und Not-Halt in der Maschinenrichtlinie

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG fordert die Integration von Not-Halt-Einrichtungen in allen Maschinen, um drohende oder eingetretene Gefahren abzuwenden. Diese Vorschrift gilt sowohl für neue als auch für gebrauchte Maschinen, mit Ausnahmen für handgehaltene Maschinen oder Maschinen mit hohen Nachlaufzeiten. 

Die oben genannte Maschinenrichtlinie gibt in Bezug auf den Not-Halt konkret folgende Grundregeln vor:

  • Not-Halt-Befehlsgeräte dürfen kein Ersatz für andere Schutzmaßnahmen sein, sondern bilden eine notwendige Ergänzung.
  • Not-Halt-Funktionen müssen unabhängig von der aktuellen Betriebsart einer Maschine immer verfügbar und betriebsbereit sein.
  • Wenn vom Weiterlaufen einer Maschine eine Gefahr ausgehen kann, müssen Not-Halt-Funktionen bei zusammenwirkenden Maschinen oder Maschinenteilen nicht nur die Maschine selbst, sondern alle damit verbundenen Einrichtungen zum Stillstand bringen bzw. eine Evakuierung ermöglichen.

Weitere Anforderungen ergeben sich für den Anwender bzw. den Betreiber der Maschine auch aus den berufsgenossenschaftlichen oder technischen Regelwerken

Ein Not-Halt-System muss demnach …

  • jederzeit sichtbar sein –  so darf es z. B.  auf keinen Fall als Aufhänger für Jacken oder Putztücher missbraucht werden.
  • bei Betätigung einrasten, wobei hierdurch die Not-Halt-Funktion nach dem Aktivieren aufrechterhalten wird.
  • … jederzeit schnell, leicht und gefahrlos erreichbar sein, was bedeutet, dass z. B. bei verketteten Maschinen mit mehreren Bedienständen in aller Regel auch mehrere Schalter installiert sein müssen.
  • jederzeit funktionieren, was durch regelmäßige Prüfungen und Wartungen zu gewährleisten ist.

Bauarten und Funktionen von Not-Halt-Einrichtungen

Die ISO 13850 legt die Grundlagen und funktionalen Aspekte für die Ausrüstung von Not-Halt-Einrichtungen fest. Ein zentrales Prinzip dabei ist, dass der Befehl zum Not-Halt immer durch eine gezielte, manuelle Handlung einer Person ausgelöst werden muss.

Not-Halt-Einrichtungen werden deshalb als rote Pilztaster auf gelbem Grund konzipiert, da diese optisch auffällig und leicht zu betätigen sind. Der klassische Pilztaster ersetzt aber nicht die notwendigen Sicherheitseinrichtungen, die sich aus der Sicherheitsbetrachtung ergeben.

Dazu gehören …

  • Lichtschranke bzw. Sicherheitslichtgitter
  • Reißleinenschalter 
  • Drehschalter
  • Trittleiste bzw. Fußschalter
  • Zuhaltungsgriffe

Hinweis: Reißleinen an Maschinen ermöglichen das Aktivieren des Not-Befehls aus großer Distanz.

Stopp-Kategorien für den Not-Halt

Im Rahmen der Sicherheitsfunktionen für Maschinen und Anlagen ist die Klassifizierung der Not-Halt-Verfahren in verschiedene Stopp-Kategorien vorgesehen. Diese Kategorien geben vor, wie Maschinen im Falle eines Not-Halts reagieren sollen, wobei jede Kategorie spezifische Anforderungen an die Art und Weise des Stillsetzens stellt.  

In der oben bereits genannten Norm DIN EN 60204-1 werden unter anderem die verschiedenen Stopp-Kategorien definiert:

Kategorie 0

In dieser Kategorie erfolgt ein unkontrolliertes Stillsetzen durch direkte Unterbrechung der Energiezufuhr. Der Motor wird von der Stromquelle getrennt und kommt entweder durch Eigenträgheit zum Stillstand oder durch den Einsatz einer mechanischen Bremse.

Funktionsweise der Stopp-Kategorie 0 beim Not-Halt

Kategorie 1

Hier wird die Maschine auf kontrollierte Weise angehalten, während die Stromversorgung weiterhin aktiv bleibt. Dies ermöglicht ein elektrisches Abbremsen des Antriebs. Nachdem der Motor vollständig zum Stillstand gekommen ist, wird die Stromzufuhr unterbrochen.

Funktionsweise der Stopp-Kategorie 1 beim Not-Halt

Kategorie 2

In dieser Kategorie wird die Maschine ebenfalls kontrolliert angehalten, aber die Energieversorgung für die Antriebselemente bleibt auch nach dem Anhalten aktiv. Der Motor wird elektrisch abgebremst und verbleibt in einem Zustand der Drehzahl- oder Positionsregelung. Diese Kategorie ist nicht für das Abschalten der Maschine in Gefahrensituationen vorgesehen.

Funktionsweise der Stopp-Kategorie 2 beim Not-Halt

Die Entscheidung, welche Stopp-Kategorie im Falle eines Not-Halts angewendet werden sollte, hängt von der spezifischen Risikobewertung der jeweiligen Maschine oder Anlage ab. Diese Bewertung bestimmt auch, ob zusätzlich zur gewählten Stopp-Kategorie ein separates Not-Aus-System erforderlich ist.

Beschriftung und Piktogramme für Not-Halt

Not-Halt-Geräte dürfen auch nicht beschriftet werden. Stattdessen werden Piktogramme verwendet, die anzeigen, welcher Bereich der Maschine durch die Betätigung des Tasters zum Stillstand gebracht wird.

Der Not-Halt sorgt somit nämlich nicht immer für ein Stillsetzen der gesamten Maschine, sondern oft nur für einen bestimmten Arbeitsabschnitt. Dies ermöglicht eine schnellere Unterbrechung der Stromzufuhr und einen weniger zeitaufwendigen Neustart der Anlage.

Ursprung und Anwendung von Not-Aus und Not-Halt

Die Verwendung von zwei Begriffen für den Notfallstopp im deutschen Sprachgebrauch ist auf einen Übersetzungsfehler zurückzuführen. Ursprünglich wurde die Maschinenfunktion im englischen Sprachgebrauch als „emergency stop“ bezeichnet

In der alten Maschinenrichtlinie 98/37/EG und der Norm DIN EN 418 wurde sie mit „Not-Aus“ übersetzt, obwohl auch „Not-Halt“ eine korrekte Übersetzung wäre. Aufgrund dieses Übersetzungsfehlers wurden viele Notbefehlseinrichtungen mit „Not-Aus“ beschriftet, eine Praxis, die teilweise auch bei neuen Maschinen fortgesetzt wird

Jedoch gibt es sehr wohl einen Unterschied: 

  • Durch das Stillsetzen im Notfall (Not-Halt) sollen Gefahren, die durch Bewegungen der Maschine hervorgerufen werden, so schnell wie möglich gestoppt werden. Dies erfolgt durch schnelles Stillsetzen der Bewegung oder durch Beseitigung der Gefahrstelle (z. B. durch Stillsetzen und Auseinanderfahren von Einzugswalzen). 
  • Im Gegensatz dazu bezieht sich das Ausschalten im Notfall (Not-Aus) auf Risiken, die durch elektrische Spannungen verursacht werden.

Jedoch folgen beide Schaltertypen derselben Mission: Menschen und Anlagen bei Gefahren schnellstmöglich durch ein Stoppen der Maschinen zu schützen.

In vielen Fällen lassen sich beide Forderungen (Not-Halt und Not-Aus) aus technischen Gründen nicht gleichzeitig optimal umsetzen. Im Rahmen einer Risikobeurteilung muss daher entschieden werden, welche der genannten Gefährdungen höher einzustufen ist.

Not-Halt und Not-Aus als essenzielle Sicherheitsmaßnahmen in der Industrie

Die korrekte Implementierung und Anwendung von Not-Halt und Not-Aus gemäß den neuesten Maschinenrichtlinien ist entscheidend für die Sicherheit in gefährlichen Situationen. Es ist wichtig, dass sowohl Hersteller als auch Betreiber von Maschinen stets die aktuellsten Sicherheitsvorschriften befolgen und diese konsequent umsetzen, um den Schutz aller Beteiligten zu gewährleisten.

Bild 1: © yanik88 – stock.adobe.com

FAQ: Häufig gestellte Fragen

Ein Not-Halt bzw. Not-Aus ist notwendig, wenn gesetzliche, normative, arbeitsschutzrechtliche oder berufsgenossenschaftliche Vorgaben das fordern. Ferner wenn sich aus der Risikobetrachtung/Gefährdungsbeurteilung vorhersehbare oder außergewöhnliche Gefährdungen ergeben, die einen externen Eingriff im Notfall erfordern.

Es ist mindestens einmal jährlich eine Sicht- und Funktionsprüfung durch eine zur Prüfung befähigte Person vorzunehmen. Jedoch können auch kürzere Zeitabstände erforderlich sein. Die Häufigkeit von wiederkehrenden Prüfungen der Not-Halt-/Aus-Einrichtungen ist in Abhängigkeit von den Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes festzulegen. Weiterhin muss vor jeder Verwendung kontrolliert werden, ob offensichtliche Mängel vorhanden sind. 

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