Wie sensorloses, vernetztes Bremsenmonitoring eine effiziente und vorausschauende Maschinenwartung unterstützt, erklärt Andreas Merz aus dem Produktmanagement bei mayr® Antriebstechnik im Interview.
Basierend auf permanenter Inspektion bietet mayr® Antriebstechnik Lösungskonzepte für die vorausschauende Wartung elektromagnetischer Sicherheitsbremsen. Denn diese Bremsen sind prädestinierte Komponenten für die Sicherheit und Anlagenverfügbarkeit und lassen Rückschlüsse auf den Anlagenbetrieb für eine planbare Wartung zu. Im Fokus steht dabei das Modul ROBA®-brake-checker, das die Bremsen nicht nur sensorlos überwachen und versorgen kann. In einer erweiterten Ausführung liefert es darüber hinaus auch Daten und sorgt so für intelligente Sicherheit. Damit sind jetzt auch Verläufe auswertbar, Auffälligkeiten im Bearbeitungsprozess lassen sich schnell erkennen und somit Schlüsse aus komplexen Zusammenhängen ziehen. Für Anwender bedeutet das eine planbare und kosteneffektive Wartung und maximale Anlagenverfügbarkeit.
Sicherheit wird sichtbar
Das Modul ROBA®-brake-checker arbeitet ohne Sensoren. Es erkennt durch eine erweiterte Analyse von Strom und Spannung die Bewegung der Ankerscheibe und weiß, in welchem Zustand sich die Bremse befindet. Der ROBA®-brake-checker überwacht neben Schaltzustand, Temperatur und Verschleiß auch auf Zugweg- oder Zugkraftreserve, also ob der Magnet noch in der Lage ist, die Ankerscheibe anzuziehen. Mit dem Modul werden somit jetzt bei der Überwachung deutlich mehr Parameter als mit Mikroschaltern und Initiatoren abgebildet. Bei Erreichen der Zugkraftreserve sendet der ROBA®-brake-checker so frühzeitig ein Warnsignal, dass noch eine gewisse Betriebszeit der Bremse möglich ist.
Herr Merz, welche Daten generiert das Modul ROBA®-brake-checker durch die erweiterte Analyse von Strom und Spannung?
Andreas Merz: Mit dem Modul ROBA®-brake-checker können Daten generiert werden zu Schaltzeit, Strom, Spannung, Widerstand, Leistung und relativem Anzugsstrom. Dies lässt Rückschlüsse auf kritische Betriebszustände der Bremse zu. Lässt sich beim Widerstand ein Anstieg beobachten, so lässt dies Rückschlüsse auf die Spulentemperatur zu, die ebenfalls steigt. Wird die Temperatur zu hoch, kann die Bremse unter Umständen nicht mehr lüften. Steigen gleichzeitig Trennzeit (Lüften der Bremse) und Anzugsstrom deutet dies hin auf Verschleiß.
Mehr Daten für mehr Sicherheit: Warum stellen diese Daten einen Mehrwert für den Kunden da und wie wird dieses Wissen nutzbar?
Andreas Merz: In der erweiterten Ausführung ist das Modul mit einer zusätzlichen Platine mit kundenspezifischer Schnittstelle (z. B. optisch, W-Lan, IO Link, OPC UA, etc.) ausgestattet. Über ein Auswertungsprogramm sieht der Kunde, ob alles passt oder wenn es etwas zu tun gibt. In Zusammenarbeit mit dem Kunden werden die ausgegebenen Daten projektbezogen auf die Anforderungen der jeweiligen Anwendung in dessen Auswertesystem integriert. Dies bietet einen deutlichen Mehrwert. Wird zum Beispiel die Grenztemperatur erreicht, ist dies ein Hinweis auf eine Schädigung der Bremse, auf Bremsenausfall oder gar eine falsche Auslegung. Der ROBA®-brake-checker zeigt zudem, wenn kritische Verschleißwerte erreicht werden. Dadurch ist eine vorbeugende Wartung möglich. Dies sorgt wiederum für eine höhere Anlagenverfügbarkeit. Darüber hinaus ermöglicht die Datenausgabe über eine entsprechende Schnittstelle auch die Integration in ein Fernwartungssystem. Das verringert Servicezeiten und-kosten.
Sichtbar sind zudem Temperaturverlauf und Veränderungen der Parameter über die Lebensdauer. Mit bisherigen Lösungen wie beispielsweise der berührungslosen Lüftüberwachung sehen Anwender nur den Ausfall bzw. das Zerstörungsbild, wissen aber nicht, wie der Fehler zustande gekommen ist. Mit dem ROBA®-brake-checker dagegen, werden Verläufe sichtbar und Fehleranalysen sind nutzbar bzw. auch übertragbar auf andere Anlagen eines Anwenders. All diese Daten aus Störung und Normalbetrieb liefern damit wertvollen Input für zukünftige Verbesserungen und Optimierungen.
Die Überwachung der Zugweg- oder Zugkraftreserve, also ob der Magnet noch in der Lage ist, die Ankerscheibe anzuziehen, dient der Risikobewertung, ebenso wie die Überwachung der Schaltzeiten. Veränderungen der Schaltzeiten haben Auswirkungen auf den Bremsweg. Gerade auch bei vertikalen Achsen sind kurze Anhaltewege und -zeiten wichtig. Entscheidend für den Bremsweg sind dabei die Schaltzeiten der Bremse. Denn in der Zeit des freien Falls bis die Bremse schließt und die Verzögerung einsetzt, beschleunigt sich die Masse zusätzlich – unter Umständen so extrem, dass die zulässigen Werte der Bremse überschritten werden. Die projektierten Schaltzeiten müssen über die gesamte Lebensdauer der Bremse eingehalten werden. Dafür leistet der ROBA®-brake-checker eine zuverlässige Schaltzustandskontrolle.
Mit Ihrer Lösung unterstützen Sie Anwender bei dem Schritt zur Maschinen-Instandhaltung von morgen. Welchen Aufwand bedeutet das für den Anwender selbst?
Andreas Merz: Wir bieten mit dem ROBA®-brake-checker als einziges Unternehmen im Standard eine intelligente Lösung für die sensorlose Überwachung elektromagnetischer Bremsen an. Anwender können das Modul einfach und schnell in Maschinen und Anlagen integrieren, ohne dabei in die Komponenten „Umrichter“ oder „Steuerung“ eingreifen zu müssen. Auch in bestehenden Anlagen lassen sich unsere Bremsen problemlos nachrüsten, es ist lediglich eine geringe Änderung an der Verkabelung erforderlich. Anwender gehen damit kein Risiko ein, weil sie Grenzwerte und Daten nicht selbst validieren müssen. Wir liefern den ROBA®-brake-checker einbaufertig und testen alle Werte vorher ab. Für den Anwender bedeutet das sozusagen eine „Plug-and-play-Lösung“. Ausführungen mit erweitertem Datenaustausch werden projektbezogen in engem Kontakt mit den Kunden abgestimmt. In Zukunft werden wir das Modul in einem neuen, modernen und funktionalen Design anbieten.
Quelle: antriebstechnik 01-02 2020, Seite 12ff