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Mauerstetten, 13.09.2019

Industrietechnik in der Windkraft – Patentlösung oder Irrweg?

Vielseitige Technologie und innovative Monitoring-Lösungen für Yaw- und Pitch-Bremsen bieten Sicherheit für alle Fälle
Industrietechnik in der Windkraft – Patentlösung oder Irrweg?

Vielseitige Technologie und innovative Monitoring-Lösungen für Yaw- und Pitch-Bremsen bieten Sicherheit für alle Fälle

Die Entwicklung in der Windkraft bleibt nicht stehen. Technologien aus der Industrie wandern auch in die Windkraftanlagen. Ein Trend, vor allem im asiatischen Raum, geht hin zu Servomotoren für Pitch-Antriebe, wo sie die geregelten AC-Antriebe ersetzen. Das stellt auch die Bremssysteme noch einmal vor neue Anforderungen.

Windkraftanlagen stehen vor zwei Herausforderungen. Einerseits sollen die Kraftwerke so effizient wie möglich arbeiten. Andererseits müssen die Gefahren für Menschen und Material so gering wie möglich bleiben, selbst bei extremen Witterungsbedingungen. Um das zu erreichen, gehen Konstrukteure und Hersteller verschiedene Wege und nehmen auch Anleihen in der industriellen Technik. Konkret sichtbar wird das derzeit im asiatischen Raum, wo immer häufiger Servo-Antriebe für die Pitch-Verstellung zum Einsatz kommen, teils ohne Anpassung der Komponenten an die speziellen Anforderungen von Windkraftanlagen. In Europa kommt der Trend langsam auch an. Hier ist allerdings bei der Zertifizierung von Anlagen zu bewerten, ob das Pitch-System als Hauptbremssystem den relevanten Normen und Richtlinien, wie etwa der Maschinenrichtlinie, gerecht wird.

Mit den ROBA-stop®-M Bremsen bietet mayr® Antriebstechnik als weltweit führender Hersteller für Windkraftbremsen speziell für Pitch- und auch Yaw-Antriebe entwickelte und getestete Sicherheitsbremsen.

Permanentmagnetbremsen: Gute Lösung, aber nicht für alles

Die auf dem Markt üblichen Servo-Antriebe werden in vielen Fällen mit bereits integrierten Permanentmagnetbremsen als Sicherung geliefert. Dieses in der Industrie übliche System kommt allerdings bei der Windkraft schnell an seine Grenzen. Die Permanentmagnetbremsen sind nämlich nicht für hohe Reibarbeit ausgelegt. Sie bieten zwar hohe Haltemomente. Kommt es aber zu einem Not-Stopp oder ist aus anderen Gründen Reibarbeit zu leisten, dann sind diese Bremsen schnell überfordert. Die resultierende thermische Überlastung kann zum Ausfall des Pitch als primäres Bremssystem der Anlage führen. Daher sollten die real auftretenden Reibarbeiten immer ein wesentliches Auswahlkriterium für Bremsen in der Windkraft sein.

Permanentmagnetbremsen sind für den Einbau im Servomotor konzipiert. In Pitch-Anwendungen herrschen im Betrieb bis zu 120°C, im Stillstand ist je nach Standort eine Abkühlung bis -40° möglich. Da das Bremsmoment von der temperaturabhängigen Kraft des Permanentmagneten aufgebaut wird, können sie bei extremen Temperaturen an Bremskraft verlieren. Elektromagnetische Federdruckbremsen dagegen sind bei Verwendung rostfreier Federn bezüglich der Bremskraft temperaturbeständig. Diese werden in der elektromagnetischen Servobremse ROBA®-servostop® verwendet. Sie kann, ähnlich wie eine Permanentmagnetbremse, ebenfalls A- oder B-seitig im Motor verbaut werden und ist für Temperaturen bis 120°C ausgelegt.

Das Temperaturproblem ist aber auch mit der Anbauposition in den Griff zu bekommen, wo das möglich ist. Sind die Bremsen nämlich außen an den Motor angebaut, statt ins Servo-System integriert, dann sind sie von der Motorwärme getrennt und besser gekühlt.
Zudem steigt der Wirkungsgrad des Motors, da keine zusätzliche Energie durch die Bremse eingebracht wird.
Aber auch dort ist es zu empfehlen, bewährte und leistungsfähige Industriebremsen zu verbauen. Etwa die ROBA-stop®-M von mayr® Antriebstechnik, die sich schon seit Jahrzehnten als B-seitig angebaute Motorbremse in geregelten AC-Pitch Systemen bewährt hat. Sollte der Anbau von Encoder oder Resolver nur eine A-seitige Lösung zulassen, ist der Einsatz einer ROBA®-alphastop® möglich. Zu beachten ist dabei, dass der Motor über eine verlängerte Welle verfügen muss, oder aber, dass das Bremssystem mit integrierter Welle konstruiert ist.

Eine wichtige Eigenschaft dieser Lösungen: Wird der Motor abmontiert, beispielsweise für Wartungsarbeiten, fehlt auch die Sicherheitsbremse. Dann sind aufwändige Sicherungsmaßnahmen nötig, um unerwünschte Bewegungen von Rotorblättern oder Gondel zu vermeiden. Die Lösung: Sicherheitsbremsen, die auch bei abgebautem Motor an der Anlage verbleiben und den Antrieb im energielosen Zustand sicher halten. Modulare Systeme, wie etwa ROBA®-topstop®, sind mit passgenauen Montageflanschen erhältlich und lassen sich damit flexibel in vorhandene Antriebe integrieren.

Das Problem mangelnder Bremsleistung bei Not-Stopp stellt sich übrigens bei Yaw-Antrieben in noch viel höherem Maß. Dort sind wesentlich größere Brems- und Haltekräfte nötig, um die Gondel zum Stillstand zu bringen. Außerdem sind die Sicherheitsbremsen oft das einzige Sicherungssystem, Backup-Systeme sind kaum vorhanden. Zwar sind Servo-Antriebe in diesem Bereich noch deutlich seltener als die herkömmlichen AC-Motoren. Dennoch tauchen Servomotoren auch in Yaw-Antrieben bereits auf. Spätestens dort sind die gängigen Industrielösungen mit Permanentmagnetbremsen überfordert.

Bremsentechnologie 4.0

Ein Thema, das auch in der Windkraft immer mehr in den Fokus rückt, ist das Monitoring. Die Anlagen stehen zum Teil an schwer zu erreichenden Standorten, oft ist der direkte Zugriff nur mit hohem Aufwand möglich. Ein Beispiel sind Offshore-Anlagen, die nur per Schiff zugänglich sind. Elektromagnetische Sicherheitsbremsen lassen sich, im Gegensatz zu den Permanentmagnetbremsen, mit einer Zustandsüberwachung ausstatten. Besonders im Yaw-Bereich werden viele Daten erhoben, aber auch Pitch-Antriebe werden immer häufiger überwacht. Das Monitoring funktioniert in den meisten Fällen über Induktions- oder Mikroschalter – so lange die Bremsen nicht in ein Servo-System integriert sind. Dann ist auch bei elektromagnetischen Sicherheitsbremsen keine Zustandsüberwachung per Schalter möglich. Abhilfe schafft das neue, intelligente Modul ROBA®-brake-checker. Es arbeitet ohne Sensoren. Stattdessen erkennt es durch die Analyse von Strom und Spannung die Bewegung der Ankerscheibe und weiß, in welchem Zustand sich die Bremse befindet. Es überwacht neben Schaltzustand, Temperatur und Verschleiß auch auf Zugweg- oder Zugkraftreserve, also ob der Magnet noch in der Lage ist, die Ankerscheibe anzuziehen. Bei Erreichen der Zugkraftreserve sendet der ROBA®-brake-checker so frühzeitig ein Warnsignal, dass noch eine bestimmte Betriebszeit der Bremse möglich ist. In dieser Zeit kann der Windkraftanlagenbetreiber oder -hersteller die Wartung gezielt – abgestimmt auf seinen Arbeitsprozess – vornehmen. In einer weiteren Ausbaustufe übernimmt das Modul gleichzeitig auch die Versorgung der Bremse und ersetzt damit einen Gleichrichter. Versorgung und Überwachung der Bremsen sind also in einem Gerät kombiniert.

Das Modul ROBA®-brake-checker überwacht ohne Sensoren neben dem Schaltzustand auch auf Zugwegreserve und detektiert sicherheitskritische Veränderungen von Spannung, Luftspalt und Temperatur. Damit werden also deutlich mehr Prozesse als bislang abgebildet.

Quelle: Erneuerbare Energien 6/2019, Seite 92-95

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